"Ein Linguist namens Edward Sapir und ein ursprünglich als Brandschutzversicherungsangestellter tätiger Amateurlinguist Benjamin Lee Whorf haben die These aufgestellt, dass die Form der Sprache die Struktur der Denkprozesse bestimmt und unser Gedächtnis sowie unsere Wahrnehmung der Welt erheblich beeinflusst. Diese These, bekannt als die Sapir-Whorf-Hypothese (1956), wurde von Miller und McNeill (1969) in drei verschiedenen Abstufungen vorgestellt. Erstens: Die Sprache bestimmt das Denken vollständig. Zweitens: Die Sprache beeinflusst die Wahrnehmung, ohne das Denken so scharf zu bestimmen. Drittens: Die Sprache ist nur bei sprachkodierten Aufgaben bestimmend. Dieser dritte Punkt ist äußerst umstritten, da er eine Neudefinition von Sprache erfordert.
Die ersten Beweise, die im Zusammenhang mit der Behauptung, dass Sprache das Denken bestimmt, vorgebracht wurden, sind anthropologische Belege. Whorf untersuchte die amerikanischen indigenen Sprachen (Hopi, Nootka, Apache und Aztekisch). Zum Beispiel gibt es in der Hopi-Sprache kein Wort oder keine grammatikalische Struktur, die Zeit ausdrückt. Whorf schloss daraus, dass das Zeitverständnis eines Hopi-Sprechers sich von dem eines Sprechers einer Sprache mit grammatikalischen Ausdrücken für Zeit unterscheidet. In späteren Studien im Bereich der Soziolinguistik wurden Whorfs Daten in Bezug auf Zuverlässigkeit und Gültigkeit hinterfragt, und Lenneberg und Roberts (1956) kritisierten Whorfs Ansatz aufgrund seiner zirkulären Natur. Das heißt, weil die Sprache unterschiedlich ist, ist auch das Denken unterschiedlich, und dieser Unterschied im Denken führt wiederum zu Unterschieden in der Sprache. Daher stellten Lenneberg und Roberts die Notwendigkeit fest, die Denkmuster unabhängig zu messen, um eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zu bestimmen.
Ein weiteres Thema, das die Whorf-Sapir-Theorie unterstützt, ist die Anzahl und Vielfalt (bzw. das Fehlen davon) von Wörtern in verschiedenen Sprachen. Während in einigen Kulturen ein Begriff durch ein einziges Wort ausgedrückt wird, kann es in anderen Kulturen bis zu acht oder zehn Wörter geben. Zum Beispiel gibt es im Philippinischen 13 Wörter für 'Reis' und im Eskimoischen vier Wörter für 'Schnee'. Obwohl dies auf den ersten Blick plausibel erscheint, wurde die Zuverlässigkeit dieser Beobachtungen später von Soziolinguisten stark diskutiert und konnte nicht unterstützt werden. Eine Gruppe von Forschern (Carroll und Casagrande, 1958) untersuchte die grammatikalischen Unterschiede zwischen Englisch und Navajo. Sie stellten fest, dass Verben im Navajo, die den Akt des Haltens ausdrücken, sich je nach Form und Härte des gehaltenen Objekts verändern (zum Beispiel, ob es sich um ein Seil oder einen Stein handelt). Daher argumentierten sie, dass Navajo-Sprecher im Vergleich zu Englischsprechern mehr Aufmerksamkeit auf die Eigenschaften von Objekten richten."