Die Substanz wurde zwischen 1953 und 1956 in Deutschland bei der Suche nach einem günstigen Antibiotikum entdeckt. Dabei stellte man fest, dass sie eine sedative und beruhigende Wirkung besitzt, weshalb sie bald zu diesem Zweck eingesetzt wurde. In Tierversuchen zeigte sich, dass Thalidomid selbst in hohen Dosen nicht tödlich war. Innerhalb von zwei Jahren wurde das Medikament in Großbritannien eingeführt. Die USA verweigerten jedoch die Zulassung, da der Verdacht bestand, dass es eine Schilddrüsenunterfunktion verursachen könnte.
Thalidomid wurde auch zur Förderung des Tiefschlafs bei Epilepsie-Patienten eingesetzt. Zudem wurde es bei der Behandlung von Lepra genutzt, da es angeblich die Wundheilung beschleunigte.
Besonders folgenschwer war jedoch die Verwendung von Thalidomid ab 1957 zur Linderung von morgendlicher Übelkeit bei Schwangeren. Obwohl Frauen nach der Einnahme des Medikaments über Symptome wie Müdigkeit, Nervosität, Tinnitus und Zittern klagten, wurde es weiterhin konsumiert.
Das Medikament wurde zunächst unter dem Namen Contergan verkauft und später weltweit unter Bezeichnungen wie Distaval, Asmaval, Tensival, Valgis sowie in stärkeren Darreichungsformen mit der Bezeichnung „Forte“ in über 40 Ländern vertrieben.
Bis 1961 wurden weltweit über 10.000 Kinder mit schweren Fehlbildungen geboren – insbesondere ohne Arme und Beine oder mit stark verkürzten Gliedmaßen (die damalige Bezeichnung lautete „Flossenbabys“).
Dieses tragische Ereignis ging als Thalidomid-Katastrophe in die Geschichte und medizinische Literatur ein.