Sein Schöpfer ist Laplace, und wie er wurde auch dieser Dämon in der Welt der klassischen Physik geboren und ist dort gestorben.
In der klassischen Physik gilt: Wenn man die Anfangsposition und die Geschwindigkeit eines Teilchens kennt, kann man seine Zukunft mit absoluter Gewissheit berechnen.
Doch selbst in der klassischen Mechanik ist das nicht so einfach, denn die entstehenden Gleichungen sind meist nichtlineare Differentialgleichungen. Und die Lösung nichtlinearer Differentialgleichungen zu finden, ist äußerst schwierig oder gar unmöglich. Deshalb werden in der Praxis oft Näherungen gemacht, gewisse Aspekte vernachlässigt oder beispielsweise kleine Winkel angenommen, um eine Lösung zu erhalten.
Man könnte argumentieren, dass ein Dämon, der in der Lage ist, die Positionen und Geschwindigkeiten aller Teilchen im Universum zu kennen, wohl auch in der Lage wäre, nichtlineare Gleichungen zu lösen.
Allerdings hätte ein solcher Dämon in der Quantenwelt keine Überlebenschance. Nach der Heisenbergschen Unschärferelation kann unser Dämon die Position und die Geschwindigkeit eines Teilchens nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit messen. Zudem verändert jede Messung zwangsläufig den Zustand des Systems, sodass der Dämon das System, das er zu analysieren versucht, selbst stören würde.
Auch wenn es nicht direkt mit dem Thema zusammenhängt, sagte der große Max Planck einmal: „Die Wissenschaft kann das letzte Geheimnis der Natur nicht lösen, denn wir selbst sind ein Teil des Geheimnisses, das wir lösen wollen.“
In der Quantenwelt hängt ohnehin alles von Wahrscheinlichkeiten ab. Angenommen, wir schicken ein Teilchen mit einer bestimmten Anfangsgeschwindigkeit auf einen Spalt zu und messen mit einem Detektor, wo es ankommt. Wenn wir ein weiteres Teilchen unter exakt denselben Bedingungen losschicken, wird es nicht an genau der gleichen Stelle auftreffen. Trotz identischer Anfangsbedingungen gibt es lediglich eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für mögliche Trefferorte – aber keine Möglichkeit, mit Sicherheit vorherzusagen, wo das zweite Teilchen genau landen wird.
Ein weiteres Beispiel: Sperren wir ein Teilchen in eine Box, dann können wir nur Folgendes sicher sagen:
Aber es ist unmöglich, mit absoluter Sicherheit zu bestimmen: „Das Teilchen ist genau hier.“ Nicht, weil wir es nicht wissen, sondern weil es grundsätzlich nicht bestimmbar ist. Die Gesetze der Physik besagen, dass es unmöglich ist, dies zu wissen – oder anders gesagt: Die Natur selbst verhält sich so.
Tatsächlich könnte sogar unsere erste Aussage hinterfragt werden. Denn selbst wenn wir überzeugt sind, das Teilchen in der Box eingesperrt zu haben und annehmen, dass es nicht entkommen kann, besteht doch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es durch quantenmechanisches Tunneln aus der Box entweicht.
Ein weiteres faszinierendes Phänomen ist, dass Teilchen in der Quantenwelt keinen bestimmten Weg zurücklegen. In der klassischen Physik können wir berechnen, wie ein Teilchen von Punkt A nach Punkt B gelangt. In der Quantenmechanik hingegen lässt sich nichts über den zurückgelegten Weg sagen.
Darüber hinaus kann man niemals vollständige Informationen über den Zustand eines quantenmechanischen Systems erhalten. Eine Messung enthüllt nur eine begrenzte Menge an Information über seinen Quantenzustand.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Laplaces Dämon – oder etwas mit seinen Eigenschaften – hat in der Quantenwelt und damit auch in der realen Welt keinen Platz.