Ein #Psychoanalytiker und #Philosoph , der als Schüler Freuds begann und in seinen frühen Werken dessen Anhänger war, sich aber später – nachdem er das eigenständige Denken für sich entdeckt hatte :) – gegen #Freud stellte.
Als ich etwa vierzehn oder fünfzehn war, verschlang ich die Werke von Erich Fromm mit großer Begeisterung. Doch erst jetzt erkenne ich, wie naiv und aus dem #Kontext gerissen ich seine Gedanken damals gelesen habe. In einem seiner Bücher las ich einmal die Interpretation, dass #Rotkäppchen eigentlich die Menstruation symbolisiere – und begann, ihn allmählich für einen Spinner zu halten. Dadurch entfremdete ich mich von ihm eine Zeit lang. Aber heute sehe ich ihn mit neuen Augen: Auch wenn nicht alle seine Theorien mich überzeugen, so hatte er doch in vielen Dingen kluge und tiefgründige Einsichten. Er schaffte es, über Freud und die klassische psychoanalytische Praxis hinauszugehen. Neben seiner Tätigkeit als Psychoanalytiker war er auch Historiker, Anthropologe, Soziologe und Philosoph – und er verstand es meisterhaft, all diese Disziplinen zu verbinden.
Ein zentraler Gedanke in Fromms Werk ist, dass der Mensch sich im Laufe der Geschichte zunehmend von der Natur und der engen Gemeinschaft entfernt hat. Dies führte zu Entfremdung, Einsamkeit und einem tiefen Verlust an Sicherheit und Zugehörigkeit. Daher neigen Menschen dazu, vor der Freiheit zu fliehen und sich entweder autoritären Strukturen zu unterwerfen, destruktiv zu handeln oder sich völlig passiv anzupassen. Eine sehr überzeugende Idee, denn hinter all diesen Verhaltensweisen steckt letztlich das Bedürfnis nach Sicherheit.
Auf den alten Fotos auf den Rückseiten seiner Bücher sieht Fromm unglaublich sympathisch aus – mit einem warmen, freundlichen Lächeln. Geboren wurde er in Deutschland als Kind einer jüdischen Familie. Ursprünglich wollte er #Rabbiner werden, doch schließlich wandte er sich dem #Atheismus zu (bemerkenswert: Auch #Charles-Darwin wollte in seiner Jugend Geistlicher werden – und was er später aus dem Glauben gemacht hat, wissen wir alle).
Fromms Kindheit war nicht besonders glücklich. Sein Vater war launisch, streng und kalt, seine Mutter litt an chronischer Depression. Ein besonders prägendes Erlebnis hatte er im Alter von elf oder zwölf Jahren: Eine ihm bekannte junge Malerin, etwa 25 Jahre alt, beschloss, die Kunst aufzugeben und ihr Leben vollständig ihrem verwitweten Vater zu widmen. Nach dessen Tod beging sie #Selbstmord und hinterließ eine Notiz mit der Bitte, sie im selben Sarg wie ihren Vater zu bestatten. Dieses Ereignis verwirrte den jungen Fromm zutiefst. Später sollte er es durch die #Brille-des-Oedipus-Komplexes interpretieren und sich Freud zunächst sehr nahe fühlen.
Nach dem Studium von Philosophie, Psychologie und Soziologie wurde Fromm schließlich Psychoanalytiker. Eine der Grundvoraussetzungen für diesen Beruf ist es, selbst eine Analyse zu durchlaufen. Und so kam es, dass Fromm seine erste Psychoanalytikerin heiratete – eine Frau, die zehn Jahre älter war als er. Solche verbotenen Liebesgeschichten zwischen Analytikern und ihren Patienten – wobei das Wort „Patient“ in der Fachwelt ohnehin eher verpönt ist – gibt es übrigens häufiger. Irvin Yalom hat unzählige davon literarisch verarbeitet.
Nach Hitlers Machtergreifung emigrierte Fromm sofort in die USA. Dort lernte er #Karen-Horney kennen (bitte als „Hornay“ aussprechen! Vor 15–20 Jahren sagte man in den USA noch „Horni“, aber aufgrund bestimmter Entwicklungen in der Umgangssprache hat sich die Aussprache geändert). Fromm ließ sich von seiner ersten Frau scheiden und begann eine lange Beziehung mit Horney, die 15 Jahre älter war als er. Auch ihre Theorien hatten großen Einfluss auf ihn. Später trennten sie sich jedoch, und Fromm heiratete noch zweimal – diesmal jüngere Frauen, die keine Psychoanalytikerinnen waren.
Anders als viele seiner Kollegen schrieb Fromm hauptsächlich für die breite Öffentlichkeit, nicht nur für Fachkreise. Besonders empfehlen kann ich „Die Furcht vor der Freiheit“ und „Haben oder Sein“. Darüber hinaus engagierte er sich auch politisch, setzte sich für den Frieden ein und kämpfte leidenschaftlich für das Wohl der Menschheit. Als mein lieber Erich 1980 starb, hinterließ er eine tränenreiche lacrima in den Herzen seiner Leser.