Eines der berühmtesten Gemälde des italienischen #Renaissance -Malers #Sandro-Botticelli. Dieses Werk entstand im Kontext des #Neuplatonismus, der im Umfeld der Medici-Familie geradezu zur #Mode geworden war. In diesem Gemälde von Botticelli tanzen die drei Grazien, in durchscheinende Gewänder gehüllt, Hand in Hand einen Reigen. Die Renaissance-Künstler kannten diesen Tanz aus antiken Kunstwerken und literarischen Quellen. Eine dieser Quellen ist ein verlorenes klassisches Gemälde, das vom antiken Schriftsteller Seneca in De Beneficiis beschrieben wird. Seneca erzählt, dass in diesem Gemälde die drei Grazien als junge, lächelnde, in durchscheinende Gewänder gekleidete Mädchen dargestellt wurden, die sich an den Händen halten und die drei Aspekte des Gebens, Empfangens und Zurückgebens symbolisieren.
Auch Leon Battista Alberti erwähnt in seinem Werk Della Pittura, dass dieses von Seneca beschriebene Bild ein perfektes Motiv für Maler sei, und er empfiehlt den Künstlern, es neu zu interpretieren. In der griechischen #Mythologie dienen diese Göttinnen der Freude, des Vergnügens und der Schönheit der #Aphrodite. Während der Renaissance wurden sie zu einem kosmologischen Symbol. Nach Marsilio Ficino, der eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Botticellis Primavera spielte, ist das Universum ein göttlicher Kreis der Liebe. In der neuplatonischen Kosmologie gibt es einen fortwährenden #Zyklus von Entstehung, Veränderung und Rückkehr zur Quelle. Jede Phase dieses Zyklus entspricht einer der Grazien, die den ewigen Tanz des Universums aufführen. Diese Phasen bestehen aus der Schönheit, die in Gott beginnt; der Liebe, die sich in der Welt ausbreitet und sie in ihren Bann zieht; und der Freude, die schließlich zum Schöpfer zurückkehrt und ihn mit seinem Werk vereint. Die #Liebe, die aus der Schönheit entspringt, findet ihr Ende in der Freude und vollzieht einen Kreis – einen ewigen Kreislauf der Anziehung, der in Gott beginnt, sich in die Welt erstreckt und schließlich wieder zu Gott zurückkehrt.
Von klassischen Texten inspiriert, bringt Botticelli in seiner Komposition Figuren zusammen, die in der ursprünglichen Geschichte nicht alle gleichzeitig vorkommen. Das Zentrum des Gemäldes bildet die #Venus, über ihr befindet sich die Figur des Eros. Diese beiden Gestalten symbolisieren im neuplatonischen Denken die allumfassende, vereinigende Kraft der Liebe.
Glücklicherweise gehört dieses Gemälde nicht zu denjenigen, die Botticelli im religiösen Eifer unter dem Einfluss von Savonarola verbrannt hat. Dass es erhalten geblieben ist, hat es Kunsthistorikern und Kritikern ermöglicht, unzählige Interpretationen und Analysen darüber anzustellen.