#Zweiter-Weltkrieg und U-Boote. Natürlich hat mir der Film gefallen. Schöne Effekte, voller #Action und #Spannung.
Aber dieser Film ist natürlich kein "Das Boot". #Realismus wurde der Spannung zuliebe deutlich geopfert. Das hindert mich jedoch nicht daran, den Film zu mögen. Jetzt können wir den Film aus realistischem #Blickwinkel analysieren:
Ziel des U-Boot-Kriegs der Deutschen war es, Handelsschiffe, die aus britischen Kolonien und den Vereinigten Staaten kamen, zu versenken, um #Großbritannien aus dem Krieg zu drängen. Die Fähigkeit Großbritanniens, den Krieg fortzusetzen, hing von diesen Lieferungen ab. Das wichtigste Grundprinzip ist also: Ziel war stets die Zerstörung von Handelsschiffen.
Der Befehl an deutsche U-Boote lautete stets: Handelsschiffe versenken und dann verschwinden. Was war nun die Gegenmaßnahme der Briten? Das Konvoisystem. Dabei reisen unbewaffnete Handelsschiffe in einer festen Formation und mit konstanter Geschwindigkeit. Um diese Formation herum eskortieren sie kleine, aber sehr schnelle Kriegsschiffe – sogenannte Zerstörer. Diese Zerstörer waren mit Anti-U-Boot-Waffen wie Wasserbomben (Depth Charges) und Hedgehogs sowie mit Radar, Sonar und Hydrophonen ausgestattet.
Stellen wir uns 10 Handelsschiffe mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 20 Knoten vor. Diese Schiffe reisen in Formation, begleitet von drei Zerstörern. Obwohl die Zerstörer über 30 Knoten erreichen können, passen sie sich der Geschwindigkeit des Konvois an und bleiben bei 20 Knoten. Ihre Aufgabe ist es, durchgehend mit Sonar und Radar zu prüfen, ob sich ein U-Boot nähert.
Sobald eine #Bedrohung entdeckt wird, erhöhen ein oder mehrere Zerstörer sofort ihre Geschwindigkeit – etwa auf 35 Knoten – und steuern in Zickzackbewegungen direkt auf die Bedrohung zu (Zickzackmanöver dienen dem Ausweichen möglicher Torpedos). Sobald sie das U-Boot im Zielbereich vermuten, werfen sie ihre Wasserbomben ab und versuchen es zu zerstören.
Das ist die Seite des Konvois. Was ist aber mit den U-Booten? Warum torpedieren sie den gesamten Konvoi nicht einfach? Weil das Abfeuern eines Torpedos schwieriger ist, als man denkt. Für einen erfolgreichen Torpedoschuss benötigt man drei Informationen:
Entfernung zum Ziel
Geschwindigkeit des Ziels
Winkel zwischen der Zielrichtung und der Bugrichtung des U-Boots ("angle on bow")
Wie man sieht, ist Torpedoschießen keine einfache Aufgabe. Nur wenn diese drei Werte innerhalb eines Toleranzbereichs richtig eingegeben werden, kann ein Torpedo auf den sogenannten "Laufweg" abgefeuert werden – also dorthin, wo sich das Ziel in Zukunft befinden wird.
Aus diesen drei Informationen geht auch hervor, dass ein Angriff unbedingt überraschend sein muss. Wird ein U-Boot entdeckt, befiehlt der Zerstörer dem Konvoi sofort, in Zickzackkursen zu fahren und die Geschwindigkeit ständig zu ändern. So wird die Bestimmung von Zielgeschwindigkeit und -winkel nahezu unmöglich.
Wie gesagt: Das strategische #Ziel des U-Boot-Krieges war die Versenkung von Handelsschiffen – nicht von Zerstörern. Ein Versuch, einen Zerstörer zu versenken, wäre meist zwecklos und riskant. Zerstörer sind klein, schnell beschleunigend und mit U-Boot-Abwehrwaffen ausgerüstet. Ein Torpedo lässt sich leicht durch ein schnelles Manöver vermeiden. Ein deutsches U-Boot hätte seine begrenzten Torpedos also niemals an einem kleinen Zerstörer verschwendet, statt einen riesigen Tanker zu treffen. Die Kriegsmarine hatte ihren U-Boot-Kommandanten auch klare Anweisungen gegeben: Ziele sind Handelsschiffe.
Warum ist ein Zerstörer für ein U-Boot so gefährlich? Ein Zerstörer kann leicht Geschwindigkeiten von 30–35 Knoten erreichen. Ein deutsches Typ-VII-U-Boot schafft an der Oberfläche mit Dieselmotor maximal 20 Knoten, unter Wasser mit Elektromotor kaum 10 Knoten. Das bedeutet: Wird ein U-Boot entdeckt, kann es ein Zerstörer immer einholen – ohne Ausnahme. Einzige Chance für das U-Boot: In den Tiefen des Ozeans verschwinden. (Oder in früheren Jahren – vor 1942 – bei Nacht ohne Radar an der Oberfläche entkommen. Aber 1942 hatten alle US- und britischen Zerstörer #Radar.)
Ein U-Boot kann auf einen auf es zukommenden Zerstörer praktisch keinen erfolgreichen Torpedoschuss abgeben. Solch ein Schuss ist nahezu unmöglich. Ein Torpedo braucht konstante Geschwindigkeit und eine stabile Route. Ein Zerstörer kommt mit hoher Geschwindigkeit im Zickzack – eine Katastrophe für jeden Torpedoschützen.
Was ist also die Strategie der U-Boote? Es gibt mehrere, aber wir betrachten das Standard-Szenario mit einem einzigen U-Boot. Der Kommandant entdeckt einen Konvoi – sagen wir, zehn Handelsschiffe, drei eskortierende Zerstörer. Der Konvoi fährt mit 15 Knoten. Der U-Boot-Kommandant berechnet die ungefähre Route des Konvois und plant einen Schnittpunkt – idealerweise in der Abenddämmerung.
Das U-Boot bewegt sich an der Oberfläche mit 20 Knoten und kann so eine günstige Angriffsposition erreichen.
Dieser Schnittpunkt liegt meist außerhalb der Formation – der Angriff erfolgt also von außen. Manche mutige Kommandanten haben sich aber auch mitten in den Konvoi geschlichen, um von dort zu feuern. Das erschwert die Ortung durch Zerstörer, da deren Sonar auch die restlichen Schiffe erfasst.
Torpedos können nur an der Oberfläche oder in Periskoptiefe abgefeuert werden. Das U-Boot wartet in Position, meist in Periskoptiefe, auf den Konvoi. Während sich der Konvoi nähert, korrigiert das U-Boot seine Position leicht – mit Elektromotor und minimaler Geschwindigkeit, um nicht vom Sonar entdeckt zu werden.
Sobald der Konvoi in Reichweite ist, taucht das Periskop auf, und der Kommandant gibt Entfernung, Geschwindigkeit und Zielwinkel in den mechanischen Torpedocomputer ein. Er wählt maximal drei große Handelsschiffe aus und feuert schnell hintereinander seine Torpedos auf sie ab. Danach taucht das U-Boot schnell auf größere Tiefe. Nun heißt es: abwarten.
Erfolg des Angriffs hängt von #Distanz, #Geschwindigkeit und #Reaktionszeit ab. Werden die #Torpedo s zu spät erkannt, ist ein Ausweichen schwer. Bei richtiger Berechnung und günstigen Bedingungen ist ein Treffer wahrscheinlich.
Nehmen wir an, drei Schiffe werden getroffen. Der Kommandant hört dies über Sonar und freut sich mit seiner Besatzung – aber jetzt beginnt der wahre Albtraum. Die Zerstörer wissen nun, in welcher Richtung sie suchen müssen. Sie begeben sich sofort in #Zickzack- und Geschwindigkeitswechsel-Modus und starten ihre Suche. Dabei versuchen sie, das U-Boot mit Sonar zu orten und mit Wasserbomben zu zerstören. Das U-Boot hingegen bewegt sich langsam, tief und versucht mit minimalen Manövern dem Tod zu entkommen. Diese Verfolgungsjagden dauern oft Stunden. Zerstörer können das nicht ewig tun – ihre Bomben sind begrenzt, und sie müssen auch den Konvoi weiterhin schützen. Es könnten noch weitere U-Boote angreifen. Ein erfahrenes U-Boot kann so entkommen, bleibt vielleicht 10–15 Stunden unter Wasser, taucht dann auf.
Wie man sieht, besteht die Strategie des U-Boots darin, überraschend anzugreifen und sich danach zu verstecken.
Kommen wir nun zu den Fehlern im Film Greyhound, die mir aufgefallen sind:
Die deutschen U-Boote zeigen sich ständig an der Oberfläche – und das aus nächster Nähe. Das ist völlig unrealistisch. Zerstörer könnten sie problemlos mit Geschützen versenken. Ein mögliches, realistisches Szenario: Ein U-Boot zeigt sich absichtlich aus sicherer #Entfernung (5–10 km), um entdeckt zu werden und dann abzutauchen – um Zerstörer vom Konvoi wegzulocken. Im Film jedoch scheinen die U-Boote ständig sichtbar – übertrieben.
Die U-Boote greifen direkt Zerstörer an. Wie oben beschrieben: Das war extrem selten und wurde nur als letzter #Ausweg getan. Ein solcher Kommandant würde gegen Befehle verstoßen und seine #Crew unnötig gefährden. Im echten Leben greift der Zerstörer an, das U-Boot versteckt sich – immer.
Die deutschen Kommandanten verhalten sich rücksichtslos und sprechen sogar per Funk Unsinn – völlig unrealistisch. (1942 konnte man anhand von Funksignalen die ungefähre Position eines U-Boots berechnen.) Kein Kommandant hätte so fahrlässig gehandelt. Der Kern der U-Boot-Taktik war: Überraschungsangriff und danach ausharren in der Tiefe.
Der finale #Kampf zwischen Zerstörer und U-Boot ist völlig unrealistisch. Wie schon erwähnt: Ein erfolgreicher Torpedotreffer gegen einen sich bewegenden Zerstörer ist nahezu unmöglich. Außerdem wäre das U-Boot in Periskoptiefe – ein Kinderspiel für das Geschütz des Zerstörers.
Das U-Boot im Inneren des Konvois. Wie gesagt: Eine gültige Strategie. Aber danach minutenlang an der Oberfläche zu bleiben – unrealistisch. Es müsste sofort tauchen und hoffen, dass die Geräusche der anderen Schiffe es vor dem Sonar verbergen.
Die #Szene, in der Zerstörer und U-Boot direkt gegeneinander kämpfen. Theoretisch möglich, falls das U-Boot technische Probleme hat und nicht mehr tauchen kann. Aber sehr, sehr unwahrscheinlich. In solch einem Fall hätte der Kommandant alle geheimen Unterlagen vernichtet und #Kapitulation angeboten. Kein #Kommandant mit gesundem Verstand hätte mit einem einzigen 88-mm-Geschütz gegen einen Zerstörer gekämpft. Viele U-Boot-Kommandanten haben sich ergeben – zum Beispiel der berühmte Otto Kretschmer, der sein Boot vorher selbst versenkt hat.
Zum Schluss: Wenn ihr #das-Boot noch nicht gesehen habt – schaut es euch an. Und zwar die 6-Stunden-Version.