Man sagt, er sei der größte Mann, den Salzburg nach Mozart hervorgebracht hat. Ich würde sagen, er ist der egozentrischste, exzentrischste und vor allem der charismatischste Dirigent aller Zeiten. Das Berliner Philharmoniker, das er von Furtwängler übernahm, machte er zu einem der besten Orchester der Welt in seiner Zeit. Was Karajan von Furtwängler unterscheidet (abgesehen von den Haaren, versteht sich), ist die Tatsache, dass er als Dirigent die klassische Musik für ein breites Publikum neu interpretierte, produzierte und vermarktete – er war der „Star“-Dirigent einer neuen Ära. Dieser Begriff schließt auch „Poserei“ mit ein, weshalb Karajan von den 60er bis in die 80er Jahre den größten Erfolg hatte.
Er arbeitete mit Maria Callas in La Scala (was für ein Paar!), gab unvergessliche Konzerte in der Metropolitan Opera und während seiner langen Zeit als künstlerischer Leiter des Salzburger Festspieles. Zudem drehte er zusammen mit dem französischen Regisseur Henri-Georges Clouzot mehrere Konzertfilme. In diesen Filmen prägte sich das Bild von Karajan, der seine Orgel mit geschlossenen Augen und im Transzustand dirigierte, in die Köpfe der Zuschauer ein. Wenn man von den Berliner Philharmonikern sprach, dachte man in dieser Zeit nur an Karajan. So sehr, dass der Architekt des neuen Orchestergbäudes in Berlin, Hans Scharoun, den Dirigentenplatz im Zentrum des Gebäudes entwarf. Später, als Leute, die ihm feindlich gesinnt waren, über das Gebäude lachten, bezeichneten sie es ironisch als „Karajans Zirkus“. Abgesehen von seiner Musik war er auch ein typischer Star: eine junge, schöne Frau, eine ultramoderne Farm in Österreich, schnelle Sportwagen, die er mit Formel-1-Techniken fuhr, Motorräder und ein Jet, den er selbst flog. Wie man sieht, lebte er schnell, aber starb nicht jung. Der einzige ernsthafte Unfall in seinem Leben ereignete sich, als er in seinen letzten Jahren das Dach seines Hauses reparierte (wahrscheinlich wegen neidischer Blicke) und stürzte, was ihn dazu zwang, mehrere Male unter das Messer zu gehen. Doch leider verstarb er mit 81 Jahren in seiner Heimatstadt Salzburg an Herzversagen und gesellte sich irgendwo in der Nähe von Beethoven zu den Großen. Abschließend denke ich, dass Poster dieses Duos in allen Musikräumen von Schulen aufgehängt werden sollten, da wir schließlich immer noch in einer Ära der Imagebildung leben.