Man könnte es auch als die negative Folge der Entfremdung einer Gesellschaft von ihren eigenen Werten und ihrer Kultur betrachten.
Mit dem Einzug der sozialen Medien in unser Leben hat das Bedürfnis nach Anerkennung seinen Höhepunkt erreicht.
Menschen, die für ein paar Likes bedenkenlos urteilen, stigmatisieren und andere öffentlich an den Pranger stellen, werden immer populärer. Dadurch verbreitet sich auch das Gefühl, dass dieses Verhalten völlig normal sei.
Egoismus und Individualismus werden ständig gepusht, sodass niemand mehr hinterfragt: „Wie würde sich das für die andere Person anfühlen, wenn ich so etwas sage oder tue?“ Stattdessen wird ohne nachzudenken einfach rausgehauen, was einem gerade in den Kopf kommt.
Diejenigen, die noch geld- und aufmerksamkeitsgeiler sind, machen aus diesen Shitstorms sogar spezielle Shows.
Da wird die betroffene Person konfrontiert mit: „Schau mal, was die Leute über dich sagen – was hältst du davon?“
Das vermeintliche Opfer gefällt sich in dieser Rolle jedoch bestens. Denn sobald es dort sitzt und „Ach, das ist mir völlig egal, ich lache nur darüber“ sagt, wird es als wahnsinnig „cool“ gefeiert, bekommt noch mehr Anerkennung und verdient letztendlich auch mehr Geld.
Es sieht nicht so aus, als würden wir diesem Teufelskreis und dieser Verrohung bald entkommen.
Wir werden uns wohl daran gewöhnen müssen.
Und laut einigen Experten ist sozialer Verfall ohnehin irreversibel – es gibt also nicht viel, was man dagegen tun kann.
Persönlich versuche ich, mich so gut es geht von sozialen Medien fernzuhalten, um nicht Teil dieses Mechanismus zu werden.
Abgesehen von meiner Tätigkeit als Menchour-Autor und einem LinkedIn-Profil zur beruflichen Vernetzung habe ich keine weiteren Social-Media-Accounts.
Ich habe das Gefühl, in eine schwierige Zeit hineingeboren worden zu sein.
Es ist ein wenig traurig für mich – aber ändern kann ich es nicht.