(10. August 1884 – 16. April 1935)

Der Sohn eines griechischen Schmugglers und einer rumänischen Mutter. In den 1920er Jahren scheiterte er – zum Glück – mit einem Selbstmordversuch. Danach stürzte er sich völlig in das Schreiben. Er war ein leidenschaftlicher Bewunderer des Mittelmeers und seiner Kultur. Er sprach Rumänisch und Griechisch, war mit vielen regionalen Dialekten vertraut, schrieb aber auf Französisch. Ein Mann, der seiner Mutter nicht das Herz brechen konnte, aber immer von Flucht und Ferne träumte – und beim ersten Anlass in Richtung Mittelmeer aufbrach. Der Romain Rolland der Karpaten, von eben jenem Romain Rolland als der „neue Gorki“ gefeiert – oder vielleicht eher als der „Gorki der Karpaten“.

Er war ein Autor, der über menschliche Beziehungen, Humanität, Menschenliebe und Herzenswärme schrieb – und das in seiner schönsten Form. Fast alle seine Bücher sind lyrische Prosa, poetisch in ihrer Sprache. Sein schönstes Buch ist wohl nicht Die Disteln des Baragan, aber es gehört zu den besten. Kyra Kyralina, Kodin, Tante Minca, Das Arbeitsamt, Das Mittelmeer. Sein Meisterwerk ist möglicherweise Mihail (Der Freund). Die Disteln des Baragan sind ebenfalls großartig. Eigentlich kann man ihn als einen Landsmann des Osmanischen Kulturraums betrachten. In Kyra Kyralina spürt man die Atmosphäre Istanbuls. Früher veröffentlichte der Varlık-Verlag fast alle seine Werke und verbreitete damit diesen besonderen Istrati-Duft. Er war in die gesamte Mittelmeerwelt verliebt und konnte sie meisterhaft beschreiben. Kodin ist eine Ode an den Balkan. Angeblich arbeitete er auch an einem rumänischen Wörterbuch. Die Figur Adrian Zografi, der Hauptprotagonist vieler seiner Romane, gilt als sein Stellvertreter und Alter Ego.

Seine bedeutendste literarische Beziehung bestand nicht etwa zu den westlichen Schriftstellern, die ihn zu verstehen versuchten, sondern zum Mittelmeer selbst – und zu einem anderen Mittelmeer-Menschen: Nikos Kazantzakis. Der eine schrieb die Freundschaft in Alexis Sorbas, der andere in Mihail (Der Freund). Istrati verstand es zudem meisterhaft, den Wissensdurst und die Abenteuerlust eines heranwachsenden Jungen zu schildern – und die Notwendigkeit, das Elternhaus zu verlassen. Die Plačinta in seinen Romanen hat mich immer fasziniert; in meiner Erinnerung blieb sie als rumänisches Gebäck haften, doch tatsächlich ist es ein rumänischer Strudel. Er beschreibt sie so köstlich, dass ich glaube, ihren Geschmack allein durch seine Worte erkennen zu können.

Vielleicht erinnert Istrati in gewisser Weise an Amin Maalouf – beide waren hypnotisch vom Mittelmeer und seiner Kultur eingenommen. Man könnte Istrati als eine frühere und einfachere Version von Maalouf bezeichnen. Ein tief verwurzelter, herzlicher Intellektueller des Mittelmeerraums. Wer ihn liest, liebt ihn und seine Figuren. Kazantzakis hingegen wirkt ein wenig hochmütiger, selbstbewusster – ein Mann des Mittelmeers, der von oben herabblickt.

Wer Ibrail, Galați und die Baragan-Steppe verstehen will, sollte Panait Istrati lesen. Als ich eine Rumänien-Karte sah, bat ich meinen Freund sofort, Ibrail und Baragan zu finden. Durch Istrati hatte ich diese Orte verinnerlicht, als wären sie meine eigene Nachbarschaft – besonders Ibrail und seine Hafenarbeiter. Wenn ich je dorthin reise, werde ich eine Plačinta essen müssen.

„Kunst ist ein Kampf gegen unsere eigenen Fehler.“
– Panait Istrati, Das Straßenmädchen