Ein Film, der mich als jemanden, der Biografien normalerweise nicht mag, völlig in seinen Bann gezogen hat. Deshalb sage ich es gleich am Anfang: Das Schönste, was ich seit Langem gesehen, gehört und erlebt habe, ist dieser Film. Ich habe ihn nicht nur gesehen, sondern auch gehört. Und nicht nur gehört, sondern auch gespürt.
Born to Be Blue gehört zu den seltenen Hollywood-Biografien, die sich nicht an das übliche Aufstieg-Fall-Wiedergeburt-Schema halten, sondern stattdessen ihr eigenes Universum erschaffen. Er entzieht sich dem chronologischen Predigtstil der meisten Biopics und bewegt sich stattdessen durch zeitliche Sprünge, Brüche und Verschiebungen. Dabei geht er weit über die bloße Darstellung einer Persönlichkeit hinaus und definiert seine emotionale Wirkung sowohl visuell als auch auditiv neu und nahezu perfekt.
Biografische Filme begleiten die porträtierten Personen oft nur oberflächlich in ihrer Welt, ohne sie wirklich zu durchdringen. Doch Born to Be Blue gelingt es, die Geburt und den Untergang eines Musikers innerhalb seiner Musik zum Leben zu erwecken – mit allen filmischen Mitteln, die dafür zur Verfügung stehen. Regisseur Robert Budreau hätte in diesem Punkt sogar noch mutiger sein können.
Indem er sich sowohl erzählerisch als auch strukturell von den melodramatischen, formelhaften Biografien der Studioregisseure distanziert, erschafft Budreau eine Welt, die perfekt zur musikalischen Reise von Chet Baker passt. Er setzt alle filmischen Möglichkeiten ein, um Baker sowohl visuell als auch auditiv auszudrücken – und schafft es dabei größtenteils meisterhaft. Das gibt Ethan Hawke die Gelegenheit, die wohl beste Performance seiner Karriere abzuliefern. Die "Film-im-Film"-Sequenz könnte man sogar als subtile Anspielung auf diesen Aspekt und auf das Schauspiel selbst verstehen.
Statt das Publikum emotional zu manipulieren, entwickelt der Film seine musikalische Identität aus dem Charakter heraus, ohne ihn dabei zu überlagern oder ihm voranzustellen. Mit bemerkenswerter Eleganz entzieht er sich der typischen Tristesse von Biografien, indem er fiktive Figuren und Situationen einfügt.
Ethan Hawke, Carmen Ejogo und – natürlich – die Chemie zwischen Trompete und Jazz sind schlicht überwältigend.
Born to Be Blue ist die Autopsie eines von Erotik und Schaffensdrang durchtränkten Niedergangs – in einem Geflecht aus Sex, Frauen, Drogen und Ruhm.
Dieser Film riecht nach Melancholie, Musik, Frauen, Lust, Blau, Geburt und Tod.
Unbedingt ansehen.